Bei jedem Schritt mit der Natur bekommt Jemand weit mehr als er sucht.
mammutmarsch
100km Wandern. Was auf den ersten Blick etwas verrückt klingt, wird, wenn man es selber macht und erlebt selbiges. Verrückt, aber schön! Es war Freitag, 18:00 Uhr, als wir uns mit einigen anderen in Potsdam einfanden, um uns dieser Herausforderung zu stellen. Mammutmarsch, was für ein Erlebnis. Ohne zu wissen, was uns erwarten würde, da es der erste für uns alle war. Ja, wir sind schon einmal Marathon gelaufen, aber dieser Lauf ist so ganz anders als das, was ich vorher gemacht habe. Weil man vor allem in eine ganz andere Welt eintaucht. Und auf einmal Ecken sieht, die man noch nicht kannte in der sonst so vertrauten Gegend.
Entschleunigung und Natur pur, wäre nicht irgendwie am Ende die Müdigkeit, die an einem zerrt. Aber wer den willen hat, hat am Ende auch die Kraft, es zu Ende zu bringen.
Es war Freitag kurz nach 18:00 als wir im Stadion am Luftschiffhafen saßen und auf den Start warteten. Die Aufregung war schon seit Stunden vom Kopf bis zu den Zehen spürbar und der Mittagsschlaf, den wir alle machen wollten, war einfach bei aller Aufregung nicht möglich. In diesem kurzen Moment vor dem Start, schlug die Aufregung in Freude um. Freude, dass es endlich losgeht. Freude auf dieses Abenteuer, was in den nächsten Stunden erwarten würde. Ohne, dass wir an diesem Zeitpunkt wussten, was uns erwarten würde. Orte und Wege, über die man nicht man nicht mal nachdenken kann oder die man sonst nur mit dem Auto erreicht, haben wir uns erwandert.
Langsam zog die Karawane durch die Forsthausstraße, über Golm hinaus aus Potsdam in die Dunkelheit. Als erstes Ziel, gab es Marquardt zu erreichen, wo die erste Verpflegungsstelle aufgebaut war. Über erste Feldwege, die uns schon einmal zeigen sollten, was uns wohl erwarten würde zusammen in den nächsten Stunden. Es waren vor allem auch viele junge Leute, die dieses Abenteuer suchten. Ganz unterschiedlich von den Dingen, die sie bei sich hatten, oder dem Schuhwerk, das sie trugen. Sie waren wie eine bunte Vielfalt in einer Haribo Packung. Aber da Mammutmarsch nicht nur Jugendliche anzieht, sondern auch Ältere, fanden sich auch immer wieder vereinzelt ein paar dazwischen.
Das Feld war am Anfang noch lange zusammen und zog sich erst so wirklich ab Kilometer 20 auseinander. Bis dahin konnte man am Kanal vor Marquardt die vielen Teilnehmer, wie eine lang gezogene Lichterkette in der einsetzenden Dunkelheit sehen. Immer wieder wurden wir auch vereinzelt von ein paar Anwohnern noch. Zum Teil haben die auch Getränke vor die Tür gestellt oder Wegweiser angeleuchtet, sodass wir die Strecke einfacher finden konnten. Als Teilnehmer fühlte man sich so gleich willkommen und verbunden über das Event mit den Menschen.
Aber die ersten KM sollten erst das Warm Up gewesen sein, denn nach dem ersten Verpflegungspunkt fing der Marsch erst so richtig an. Tiefe sandige märkische Böden, schmale verwucherte Wege in der Nacht, die einem wie ein Endlos vorkamen. Ich habe mich ein wenig in die eigene Kindheit zurück versetzen gefühlt, in Gedanken an die Nachtwanderungen. Später kamen dann die Deiche, die sich endlos zu erstrecken erschienen. Bis wir wieder die Wälder erreichten, die Idyllisch zu schlafen schienen in der Dunkelheit, sodass man sie eigentlich gar nicht zu wecken vermochte. Dabei hoffte ich immer etwas ,dass ein unter dem Schuh knackender Stock uns wieder etwas wecken würde. Denn so langsam setzte die ersten Müdigkeit ein, die uns bis zum Ende weiter begleiten und nicht mehr loslassen würde.
Während wir uns den Weg von Elstal zum nächsten Punkt in Brieselang uns vornahmen, bekamen wir so langsam ein Gefühl für die Dimensionen. Die aufgehende Sonne und gab uns neue Kräften. Wie der schöne Sonnenaufgang, der sich über die Märkische Heide legte, so als wolle er sich ausstrecken. Auch wenn es zunächst erstmal leerer auf der Strecke wurde und wir nur noch vereinzelt Teilnehmer trafen. So waren wir eine ganze Weile erstmal alleine auf weiter Flur unterwegs. Denn seit km 50 waren doch schon einige ausgestiegen und nicht mehr unterwegs.
Als wir die eine oder andere kleine Pause einlegen mussten aufgrund der Wärme, traf man jedoch immer wieder alte Bekannte, weil man sich immer wieder gegenseitig überholte. Eine Gruppe trafen wir immer wieder. Schon in der Nacht haben wir uns gegenseitig motiviert und auch dann zeigte sich der eiserne Wille, es zu schaffen.
Man kann sagen, dass es am Ende wie eine kleine Familie war, die dort ihre Wege zog. Man spaßte und redete, auch wenn man sich noch nie vorher begegnet war. Verbunden durch das gleiche Ziel. Und durch das immer wieder treffen, was den anderen auch wieder Kraft gab, selber dran zu bleiben. Auch wenn es immer schwerer fiel, da es zum Mittag immer wärmer wurde und nun neben der Müdigkeit auch die Wärme an einem zerrte. Aber km 82, der VP im Treffpunkt Freizeit als nächste Station hatten wir immer im Blick. Auch, dass wir es immer schaffen wollten und das Ziel erreichen wollten. Es war doch eigentlich so nah, aber im Wandern kann sich das auch mal ziehen. Aber irgendwie haben wir es doch geschafft. Die Verpflegung dankend angenommen, um wieder zu Kräften zu kommen. Der Spruch, dass es doch nur noch 17km sind motivierte uns. Eigentlich ein Kinderspiel im Gegensatz zu dem, was man vorher schon hinter sich gelassen hat.
Aber auch die letzten Kilometer können manchmal endlos sein. Aber auch schön. So ging es erstmal durch den Babelsberger Park und vorbei an den Badegästen. Gefühlt war das ganze Ufer bevölkerten, vom Anfang bis zum Ende. Weiter ging es wieder etwas im Schatten, was echt ein Segen war. Denn die Flasche Cola, die wir bekommen hatten, war schon schnell hinter dem Verpflegungspunkt alle geworden. Und die Schritte wurden immer schwerer. Sodass nur noch das 90iger Schild nochmal ein Kraftgeber war. Jetzt die letzten Kilometer auch noch schaffen. Umdrehen wäre jetzt doof! Und so wurde es leiser, langsamer, aber wir kamen dem Ziel trotzdem immer näher. Auch, wenn es nochmal ein gemeiner Schlenker zum Schluss ein paar ungeplante Extrameter brachte. Am Ende liefen wir doch völlig fassungslos ins Stadion ein. Das erweckte uns es wieder zum Leben. Alle sind aufgesprungen und haben uns im Ziel klatschend und jubelnd empfangen. Ein Moment voller Gänsehaut, bevor es als Belohnung endlich ein Alkoholfreies Bier gab. Das war mehr als nur verdient.