„Ich gewinn`, ich gewinn`, egal ob ich letzter, zweiter oder erster bin … „
Dies war das heimliche Motto und gleichzeitig die Hymne, die alle Sieger der “Special Olympics Deutschland”, der “Nationalen Spiele für Menschen mit geistiger Behinderung” in Düsseldorf in der letzten Woche (19.-23. Mai) auf dem Treppchen begleitete. Jann vertrat hier den PLC in drei Disziplinen (400 m, 1.500 m und 5.000m), die Detlef und Olaf in den letzten Wochen mit ihm fleißig trainierten. Aber Training ist trotz allem etwas anderes als Wettkampf. Und das haben wir als Eltern hautnah neben der Aschenbahn erleben können. Glücklicherweise konnten wir unsere Emotionen mit Detlef teilen, der Jann nicht nur mit seinem Telefon-Taschenrechner bei den Wettkämpfen begleitete, sondern ihm auch das taktische Laufen erfolgreich vermittelte. Nicht wenig waren wir darüber erstaunt, dass unser Sohn seinen Mitläufern in den letzten Läufen vor dem Start gestenreich vermittelte, er werde es langsam angehen lassen. Beide Handflächen zum Boden gewendet, machte er deutlich, was er sich für den anstehenden Lauf vorgenommen hatte: Langsam laufen. Nun kennen wir ja bei ihm die gute Absicht in den unterschiedlichsten Situationen. Er nimmt sich vor, zu Beginn langsam zu laufen, aber die Pferde brechen mit ihm durch, er versucht das Feld anzuführen, die Spitze zu übernehmen, und nach einem Drittel der Strecke reicht die Kraft nicht mehr aus. Zwei Qualifikationsläufe (400 m und 1.500 m) galt es also vor den jeweiligen Finals zu bestehen und dann würden wir weiter sehen.
Erstmals konnten wir beobachten, wie sich Jann am Dienstag in der 400 m-Disziplin aus Startblöcken förmlich heraus katapultierte, aber er war schließlich nicht der einzige, der auf dieser Distanz nicht trödeln durfte, und schaffte es denn in einem spannenden Finish, den bis dahin führenden Konkurrenten zu überholen und sich mit einem Sieg für das Final-Rennen am Mittwoch zu qualifizieren. Der Stadionsprecher kommentierte Janns Taktik nach dessen erstem Lauf verschmitzt positiv in etwa mit den Worten “erst überlässt er dem anderen die Schwerarbeit, und dann holt er ihn ein …”, und so war denn auch der Jubel entsprechend groß nach diesem zum Schluss aufregenden Wettkampf: “Sieger in einer Zeit von 57.82 Jann Rathenow vom Potsdamer Laufclub“. Anna war seine ihm schon aus Berlin lang vertraute (offizielle) Helferin. Sie durfte in dieser Disziplin hinter ihm stehen und ihm, der ja den Schuss nicht hören und – Kopf nach unten – den Rauch des Startschusses dadurch auch nicht sehen konnte, den Start (für Gehörlose) gemäß dem internationalen Regelwerk durch Berührung vermitteln.
Am Mittwochvormittag bestand Jann seine Taktik-Prüfung auch in der 1.500 m-Disziplin (Vorlauf). Er lief konsequent drei Runden hinter dem führenden Christian, größtenteils direkt im (Wind)Schatten des körperlich größeren Läufers, bis er dann auf der Zielgeraden zum Überholen ansetzte. Damit war auch der zweite Vorlauf erfolgreich abgeschlossen, aber an diesem Tage standen noch zwei weitere Wettbewerbe an: am Nachmittag der Endlauf über 400 m und am Abend der 5.000 m-Lauf (ohne Vorlauf). Sorgfältig konnte Detlef unseren Athleten auf den 400 m-Endlauf einstimmen. Alles, was Jann dienstags und donnerstags in Potsdam an läuferischen Kompetenzen erwarb, an Aufwärm- und gymnastischen Übungen immer wieder praktizierte, konnte er in diesem Lauf abrufen. Er siegte wieder – wie bei den ersten beiden Läufen – im Spurt auf der Zielgeraden, diesmal in 56.89 s.
Für den abendlichen 5.000 m-Lauf (Straßenlauf mit Einlauf in die Olympic Town) blieb kaum Zeit für umfangreichere Vorbereitung, weil das Rather Waldstadion als Austragungsort für die Kurzstreckenläufe eine halbe Autostunde von der Olympic Town mit ihrem unklar definierten Startbereich für die 5.000- und 10.000 m-Läufe entfernt lag und auch noch die Siegerehrung für den 400m-Endlauf abgewartet werden musste. Aber auch für diesen dritten, letzten Wettbewerb am Mittwoch reichte Janns Kraft. Er siegte in 19:31 min.
Für Jann waren am Donnerstag keine Läufe angesetzt, so konnte er sich erholen und als Zuschauer dabei sein. Es zog ihn in die Reitarena. Erst am Freitagvormittag sollte er im Endlauf über 1.500 m starten. Und hier entwickelte er wieder die gleiche Taktik wie in den Vorläufen. Er lief im Windschatten seines ewigen Konkurrenten, schonte sorgfältig seine Kräfte, setzte sich erst in der Zielgeraden an die Spitze des Feldes und beendete das Rennen nach einem spannenden Finish mit 4:47:47 als Sieger. Und obwohl hier immer wieder von harten Wettkämpfen die Rede ist, so war eines nicht zu übersehen: die insgesamt herzlich warme Atmosphäre unter den Athletinnen und Athleten, die Freude, an diesen Spielen mit fast 5000 Teilnehmenden beteiligt zu sein und das Beste in einem Klima von Anerkennung und Fairness zu geben.
Dreimal Gold mit jeweils den besten Zeiten aller Leistungsgruppen, das war ein Ergebnis, mit dem wir nicht rechneten, ein Sieg für Jann, aber auch für Olaf und Detlef, für uns als Eltern, vor allem jedoch für die Menschen, die im Potsdamer Laufclub aus Freude laufen und die ihn 10 Jahre mit ihrer Geduld, mit Humor und immer wieder ihrem positiven Zuspruch gefördert und ihm letztlich diesen Erfolg ermöglicht haben. Allen Beteiligten, zu guter Letzt natürlich auch dem Vorstand, der das ganze Unternehmen von Anfang an unterstützte, gilt unser herzlicher Dank!
Annemarie und Hanns-Fred Rathenow
Weiterführende Links:
Special Olympics Düsseldorf
Fotos
Trainingsgruppen des PLCs