Lop man tau, lop man tau – Im Stall bliwt nur Pasturn sin Kauh!

Am 6. Juli 2013 fand unter diesem Motto wieder der Fünf-Seen-Lauf in Schwerin statt. Ich wollte dort zum ersten Mal in Schwerin die 30-Kilometer-Strecke laufen. Von deren erfolgreichen Abschneiden (Durchqueren der Ziellinie im aufrechten Gang) mache ich es abhängig, ob ich ggf. im Herbst am Essen-Marathon teilnehmen werde.

Meine linke Kniescheibe machte mir jedoch zuvor deutlich, dass sie eine liebevolle Vorbehandlung erwartete, wenn sie in Schwerin ihre Pflichten erfüllen sollte. Also ging es am Freitag zunächst zur Physiotherapie, um noch einmal ein neues Tape auflegen zu lassen. Um meine Mitstreiter nicht zu irritieren, entschied ich mich für einen beige-lachsfarbenen Farbton (rot wäre wohl zu aggressiv gewesen und grün war als Schonfarbe auch irgendwie unpassend). Dann noch schnell die Kühltasche mit dem Nötigsten aufgefüllt (eine Flasche Médoc (eine Reminiszenz an den gleichnamigen Marathon), französischen Rohmilch-Camembert (mit einer sprachlos machenden olfaktorischen Omnipräsenz, aber einem Geschmack, der mit keinem Wort angemessen zu beschreiben wäre – ich versuche es erst gar nicht), dazu noch Cherry-Tomaten und spanisches Feigenbrot). Auch der Kasten Gerolsteiner durfte nicht fehlen.

Die Laufsachen und die Zeltausrüstung hatte ich bereits am Vortag zusammengestellt. Da ich mich nicht für ein bestimmtes Paar Laufschuhe entscheiden konnte, nahm ich alle drei mit. Beim Schlafsack wählte ich mein Modell für den Hochsommer aus – ein Umstand, der später noch Bedeutung haben sollte.

Weil sich bereits am letzten Trainingstag abzeichnete, dass die Gepäckmenge aller Mitfahrer die Kapazität meines Autos übersteigen dürfte, bot mir Bärbel eine Kabine in ihrem Zelt unter den Bedingungen an, dass pünktlich um 22:00 Uhr das Licht aus ist, ich nicht schnarchen würde (habe ich nie getan) und nachts keinen unangemeldeten, insbesondere Damen-Besuch empfange. Na ja, mit Hauswirtinnen ist nicht zu spaßen und der Kofferraum war tatsächlich bis auf den letzten Kubikzentimeter gefüllt.

In Schwerin angekommen, haben wir uns zunächst unsere Nachmelde-Unterlagen abgeholt und uns auf bei den Laufkleidungs-Ständen umgesehen. Am Abend saßen wir noch zusammen, und haben uns ausgiebig den mitgebrachten Speisen und Getränke zugewandt.
Die Nacht erwies sich mit 9°C als unerwartet kalt und so habe ich mit mäßigem Erfolg versucht, die Wärmedämmungsdefizite meines Schlafsacks mittels meiner Regenjacke, diversen T-Shirts und meinem Handtuch zu kompensieren. Beim nächsten Mal werde ich nur ein Paar Laufschuhe mitnehmen und die anderen zwei Paar durch den Winterschlafsack ersetzen.

Als trotz der Kälte fast eingeschlafen war, musste doch so ein Rüpel ausgerechnet an meinem Kopfende gegen die Zeltwand treten! (Wolfgang erklärte dazu am nächsten Morgen, dass ihm das bei seinem nächtlichen Spaziergang nicht passiert wäre, wenn das Zelt mit neonfarben leuchtenden Spannleinen ausgestattet gewesen wäre …)

Pünktlich um 5:00 Uhr kam – auch dass eine Tradition – die Kehrmaschine des örtlichen Kommunalbetriebs vorbei (man beachte die Zeit, den Wochentag und die Tatsache, dass sich das Zeltlager auf dem Grundstück einer Berufsschule befand). Eine halbe Stunde später besuchte uns ein tief schwebender Ballonfahrer mit lauten “Guten-Morgen”-Rufen und kräftigen Flammstößen aus seinen Gasbrennern. Ich fand, dieses Nachtprogramm machte die diesmal eingesparten Dixi-Toiletten mehr als wett und war die 10 Euro Zeltgebühren durchaus wert.

Der nächste Morgen empfing uns – wie vom Wetterdienst versprochen – mit strahlendem Sonnenschein. Es blieb jedoch den ganzen Tag über mit 22 °C angenehm warm. Um 7:00 Uhr haben wir ausgiebig gefrühstückt. Mein ganzer Dank gilt übrigens dem Kaffee-und-Kuchen-Dienst an der Turnhalle der Berufsschule. Der frisch gebrühte und kräftige Kaffee war nach dieser Nacht mehr als nötig. Von der ausgezeichnete Qualität der selbst gebackene Kuchen haben wir uns bereits am Vorabend überzeugen können.

Am Start vor dem Schweriner Schloss haben wir noch letzte Vorbereitungen für den Lauf getroffen (Trinken, zum ungezählten Mal die Schuhbindung nachstellen, Warmlaufen …). Wie immer war die Straßenbahnfahrt zwischen dem Zeltplatz (dem späteren Ziel) und dem Schloss mit dem Startgeld abgegolten. Um 10:10 Uhr fiel für die 30-Km-Strecke der Startschuss. Die Strecke berührte über einen abwechslungsreichen Kurs alle fünf Seen innerhalb der Stadt und wies neben einigen Asphaltstrecken auch viele schattige Waldwege auf. Die Teilstrecke am Störbach und seinen Uferwiesen erwies sich trotz des Regenwetters der Vorwochen als trocken, so dass die in den Vorjahren häufige Schlammschlacht (so hatte man mir aus berufenem Munde berichtet) ausblieb.

Überhaupt empfand ich die längere Strecke als wesentlich entspannter und angenehmer zu laufen als die 15-Km-Strecke, bei der ich zuvor dreimal angetreten war. Auch die Kniescheibe hielt sich tapfer und grummelte nur auf einem kurzen Abschnitt zwischen Kilometer 10 und Kilometer 15. Die Aussicht auf einen kräftigen Schuss Franzbranntwein (aromatisiert mit einer Idee Arnika) am Abend ließ diese Unmutsäußerungen jedoch glücklicherweise wieder verstummen. Die richtige innere Kommunikation ist manchmal die halbe Miete.

Alle Strecken des Fünf-Seen-Laufs münden auf den letzten fünf Kilometern am Lankower See in einem sonnigen und hügeligen Abschnitt durch eine Gartenkolonie und auf einer ehemaligen Moto-Cross-Strecke. Die Gartenbesitzer haben wieder durch eigene Verpflegungsstände und Wasserspenden aus ihren Gartenschläuchen ihr Bestes getan, um das letzte anspruchsvolle Teilstück zu überwinden. Die offiziellen Verpflegungsstände waren auch gut ausgestattet (Wasser, Tee, Traubenzucker, Salz, Zitronen, Bananen, Kekse) und perfekt platziert.
Nach der Überwindung des letzten Hügels (des “Pickels”) war dann auch der 29. Fünf-Seen-Lauf wieder Geschichte. Mit meiner Zeit von 3:21 bin ich mehr als zufrieden und werde die 30 km sicherlich noch einmal laufen. Bei den Erfolgsaussichten des Marathon-Projekts sind zumindest einige meiner Zweifel gewichen.

Die große Strecke des Fünf-Seen-Laufs kann ich nur weiter empfehlen, wobei man aber die Anfang Juli häufig herrschende Hitzewelle bedenken sollte. Dieses Jahr aber nahm selbst “Pasturn sien Kauh” am Lauf teil, denn auf der Uferwiese bei Consrade graste eine Färse, deren Fellfarbe dem Talar und Beffchen eines evangelischen Gemeindepfarrers glich …

Jean-Luc

Weiterführende Links:

Lauftreff 2000

Ergebnisse

Fotos