Lauftipp Frankenweg-Marathon
Ein irgendwo mitgenommener Flyer “Vom Rennsteig zur Schwäbischen Alb” machte mich neugierig. Ich kenne den Rennsteig nun von Eisenach bis Blankenstein, war schon beim Schwäbische-Alb-Marathon und beim Fichtelgebirgsmarathon – und dazwischen sollte es lt. einem wunderbaren Bildbericht im Internet noch einen ganz tollen Landschaftslauf geben.
Der Frankenweg ist ein Weitwanderweg von insgesamt 530 km Länge. Auf einem Teil der Strecke – von Streitberg nach Obertrubach – verläuft der Frankenweg-Marathon. Der Lauf wurde in diesem Jahr zum 5. Mal ausgetragen. Die Teilnehmerzahl war auch in den vergangenen Jahren recht überschaubar und deutete nicht auf ein “Laufevent” hin. Dafür warb der Lauf mit 1.100 Hm und nannte sich “schönster Naturparklauf”. Neben der Lust am laufen viele gute Gründe für mich, die 400 km nach Oberfranken zu fahren.
Am Samstag nach dem Frühstück gemütlich losgefahren, waren wir am frühen Nachmittag da. Da in Streitberg schon alles ausgebucht war, hatte ich eine – lt. Buchungsportal sehr ruhige – Unterkunft im ca. 11 km entfernten Gößweinstein gebucht. Durch diesen Ort sollte auch der Lauf gehen und uns sind schon bald ein paar Streckenmarkierungen aufgefallen. Gleich gegenüber von unserem Hotel befand sich eine Basilika. Darüber machte ich mir zunächst keine Gedanken.
Zunächst wollte ich nach Streitberg, den Startort suchen und eventuell in die Binghöhle gehen. Die meisten Landschaftsläufe die ich kenne, starten irgendwo im Ort in einem Stadion o.ä., wo es leicht für die Organisation ist. Nach ein paar notgedrungenen Asphaltkilometern ist man dann endlich in der Natur. Anders hier. Der Muschelquellenweg ist bereits Teil des Frankenweges und sah schon mal sehr urig aus. Nur ein paar Schritte gehen, nur bischen gucken… und schon fand ich mich in einer kleinen Höhle und auf einem Felsvorsprung wieder. Solche Wege haben eine magische Anziehungskraft auf mich – das konnte ja nur toll werden. Ich bekam Verbot, noch weiter zu gehen – schließlich war es morgen noch weit genug und so entschlossen wir uns, die große Schauhöhle im Ort anzusehen. Nach der 40 minütigen Führung unter Tage war ich ordentlich durchgefroren und wir fuhren wieder in unser Hotel.
Die Basilika – ein besonders großes und prächtiges Kirchengebäude – machte nicht nur zur vollen Stunde mit Glockengeläut auf sich aufmerksam. Nein – unsere war auch noch eine Wallfahrtsbasilika mit Zusatzläuten, wenn die heilige Dreifaltigkeit o.ä. erschienen war. Na dann gute Nachtruhe. Morgens um 6 Uhr herrschte dort auch schon reges Treiben und als eine Prozession mit allem drum und dran an unserem Frühstücksfenster vorbeizog erzählte uns der Wirt, dass die Wallfahrer auch 30 km laufen. Und da dachten wir, einigermaßen sportlich zu sein. Geht mal 30 km mit einem großen Holzkreuz durch die Gegend. Sowas kriegt man in Brandenburg jedenfalls selten zu sehen.
Nun aber endlich zum Lauf: Außer dem Marathon gibt es noch eine Mittelstrecke von 24 km und eine Kurzstrecke von 15 km. Alle haben das gleiche Ziel, die Kurzstreckler verpassen aber den jeweils ersten Teil. Da es sich hier um besonders schöne Abschnitte u.a. durch Höhlen und Schluchten handelt, würde ich immer den Marathon empfehlen. Denn wer will schon was verpassen?
Der Marathon startet läuferfreundlich um 8 Uhr. Alles ist – bis auf die Gegend – recht unspektakulär. Am Beginn des Weges steht einfach ein Tisch, an dem man die Startunterlagen bekommt und nachmelden kann. Dixies sind Fehlanzeige – dafür gibt es genug Gegend. Ich bin nicht böse darüber. Ein Läufer erkundigt sich, ob es ein Führungsfahrrad gäbe und erntet. ein Grinsen bei den Streckenkennern. Die Strecke wäre nicht fahrradtauglich. Ich muss später bei den vielen Treppen und in der Höhle noch immer daran denken. Bei der Siegerehrung erkenne ich den Gewinner wieder. Hat es also auch ohne geschafft.
Kurz vor dem Start gibt es noch eine nette Einweisung über die Streckenmarkierung und den Verlauf durch den Organisator. Er benennt die Besonderheiten und den ersten Teil, wo sich die Spreu vom Weizen trennen wird. Die Strecke soll alle 50 bis 100 Meter mit Frankenweg-Schildern gekennzeichnet sein. Das kommt mir viel vor, aber später werde ich noch oft danach suchen…
Rein äußerlich ist keine Spreu zu erkennen. Im Gegenteil, das übersichtliche Teilnehmerfeld sieht allesamt ziemlich windschnittig aus. Na Hauptsache, ich schaffe den letzten Bus, rede ich mir Mut zu. Dann geht es endlich los. Rein in schattigen Wald, zunächst noch recht flach zum einlaufen. Aber schon bald wird es stiller, die Anstiege steiler und wurzeliger. Ich konzentriere mich auf jeden Schritt. Bloß nicht umknicken. Da höre ich es rufen: Hey – hier entlang. Meine Güte, da bin ich schon am Anfang fast falsch gelaufen. Das kann ja was werden. Jetzt aber besser aufpassen.
Recht bald zieht sich das Läuferfeld auseinander. Der Weizen ist sicher schon sonst wo. Aber so lange hinter mir noch ausreichend Läufer sind, finde ich das in Ordnung. Die Strecke ist wirklich durchgängig schön und sehr abwechslungsreich. Asphaltabschnitte gibt es glücklicherweise nur zu einem ganz geringen Teil. Es geht durch tiefe dunkle Wälder, felsige Schluchten, durch eine echte Höhle mit 1,50 m Durchgangshöhe, über viele Treppen durch eine Versturzhöhle, sonnige Wiesenpfade, endlos hinauf zur Burg Gößweinstein hoch über der Stadt, vorbei an Kletterfelsen, neben Flüssen, durch Biergärten, unter einer Bobbahn hindurch und durch viele wurzelige Pfade.
Nie führt der Weg irgendwo endlos geradeaus. Immer gibt es hinter einer Biegung neues zu entdecken. Und gerade dann, wenn es mir zu warm wird, geht es wieder rein in den schattigen kühlen Wald. Das lässt sich wirklich auch bei heißen Temperaturen gut laufen. Verpflegungsstellen gibt es reichlich. Manchmal steht auch einfach nur ein Tisch mit Bechern und Wasser zur Selbstbedienung da. In einem Ort stehen die Becher direkt neben einem Trinkwasserbrunnen. Eine schöne Idee – und bei der Hitze haben wir den nicht nur zum trinken genutzt.
Auf den Weg muss man allerdings wirklich aufpassen. Da es so viele Abzweigungen gibt, ist man schnell mal in einen falschen eingebogen. Einmal laufe ich zurück, bis ich auf andere Läufer treffe, da ich mir nicht mehr sicher war, richtig zu sein. Einmal bin ich vor lauter Schildergucken gestürzt. Glücklicherweise in nasse Brennnessel – da bleibt man nicht lange liegen. Für eine ganze Weile finde ich eine Dreiergruppe, der ich mich anschließe. Aber so einfach ist das auch nicht, da sie mir mal zu langsam sind und es mir dann wieder zeigen. Das spielen wir eine ganze Weile und so vergeht die Zeit.
Noch 1 km steht auf einem Schild. Und es geht immer noch steil wurzelig nach oben. Wo soll denn hier in der Wildnis ein Ziel sein? Nach einer gefühlt endlos anstrengenden Weile geht es ebenso steil nach unten und schwups bin ich im Ziel. Ein Zielbogen, dahinter ein Tisch mit Franken-Bier und Kisten mit Kuchen. Alle, die schon da sind, freuen sich über die, die noch kommen. Mehr braucht es nicht. Es ist endlich Sommer, man friert nicht im Ziel sondern kann sich einfach dazusetzen. Ich muss gleich loswerden, wie schön ich den Lauf fand und dass mein bisheriger Lieblingslauf – die Harzquerung – nun arge Konkurrenz bekommen hat.
43 km mit 1250 m bergauf und 1100 m bergab hat meine Uhr angezeigt. Und eine Laufzeit, die noch für einen zweiten Platz in der AK und eine Gesamtplatzierung im Mittelfeld gereicht hat. Bei der Siegerehrung bekomme ich dafür einen Wanderführer: “Der Frankenweg: Vom Rennsteig zur Schwäbischen Alb”.
Durch diesen Lauf habe ich wieder ein neues Stück Gegend in mein Herz geschlossen. Ich bin einfach nur glücklich, das –laufend- machen zu können. Und vielleicht kann ich ja den ein oder anderen durch meinen Bericht zum Landschaftslaufen begeistern.
Sylvia
Weiterführende Links:
Lauftreff 2000
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Felix Schott