Wenn Läuferinnen zur Waffe greifen – dann sind wir in 880 m Höhe in Altenberg beim Biathlon
Um dem ständigen “Einerlei” einer Läuferin entgegen zu wirken, hatte sich Ulrike für ihre Lieben aus der Frauengruppe etwas Besonderes einfallen lassen: Wie wäre es zur Abwechslung einmal, nicht nur stur geradeaus und gegebenenfalls bergan/bergab zu laufen, sondern auch noch mit einem Puls zwischen 150-180 auf ein paar kleine schwarze Scheiben in 50 m Entfernung zu schießen?
Heike, Susi, Kerstin, Angelika, Regina, Martina, Andrea, Katleen und Ulrike selbst nahmen die Herausforderung an, packten ihre Sportsachen zusammen und brachen zu einem gemeinsamen Wochenende nach Altenberg/Zinnwald auf.
Hier bezogen wir bei einer mehr als Biathlon-affinen Familie unser Quartier, nämlich in der BEERenhütte in Altenberg. Für alle diejenigen unter Euch, die mit Biathlon noch nicht so viel in Berührung gekommen sind, d. h. auch nicht am Bildschirm die Wettkämpfe verfolgten: Familie Beer stellte in den vergangenen Jahr(zehnt)en nicht nur Teilnehmer für die Weltcupwertungen, sondern auch für die Olympiamannschaften beider deutscher Nationen. Insbesondere Manfred Beer und seine Tochter Katja waren als Medaillenträger sehr erfolgreich in der Loipe und am Schießstand unterwegs.
Nachdem wir am Freitag alle unsere Zimmer hatten, aßen wir abends sehr lecker von unserer Vermieterin Heidi Beer zurecht gemachte Schnittchen, Obst und Gemüse und gingen dann zu einem gemütlichen Abend am Kamin über. Und ja, es war auch ein Gläschen Wein im Spiel, schließlich kann man nicht nur Wasser und alkoholfreies Weizenbier zu sich nehmen. In dieser heiteren Runde kamen auch die ersten kleinen Anmerkungen zum zielsicheren Schießen. Wen oder was sollte man sich wohl für viele zielgenaue Treffer am besten anstelle der kleinen schwarzen Scheiben vorstellen? Jeder hatte da natürlich seine eigenen “Lei(d)tfiguren”.
Der Samstag kam und nach einem sportlichen Frühstück mit viel Kaffee, frischen Brötchen und allerlei selbst Gemachten war es dann soweit. Wir hatten die Ehre, von Manfred zu einer der drei offiziell anerkannten Biathlonanlagen Deutschlands geführt zu werden, die nur ca. 1 km von unserem Quartier entfernt lag. Allein der Anblick der Anstiege und Abfahrten in natura ließ mich ins Grübeln kommen. Asphaltierte Strecken mit Gefällen von 15-20 Prozent konnten bestaunt werden. Meine Hoffnung lag jedoch darin, keinen dieser Wege – auch nicht zur Hälfte – als Laufstrecke austesten zu dürfen. An dieser Anlage trainierten zum Zeitpunkt unseres Erscheinens sogar einige dem deutschen Kader angehörenden Sportler, die auch aus dem Fernsehen bekannt waren; nicht auf Schnee und schmalem Ski, dafür aber auf Asphalt und sehr schnellen Rollskiern. Und da die Wettkampfvorbereitungen der deutschen Athleten nicht gestört werden sollten, entschloss sich Manfred, mit uns nicht an der Außenanlage zu schießen, sondern ging mit uns in eine Halle, die von den Sportlern sonst auch bei schlechten Wetterbedingungen genutzt wird. Ein Vorteil dabei war, dass uns niemand zusah und wir windgeschützt schießen konnten. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir so besser trafen war also gegeben.
Wir erhielten eine Einführung in Sachen Schießanlage: wann auf welche der 50 m von uns entfernten Scheiben geschossen wurde und dank welcher Technik diese sodann bei Treffern von schwarz auf weiß wechselten, welche Strafen es gibt, wenn nicht alles den Regeln entsprach. Dann kamen wir zum Schießen selbst und natürlich zur Waffe. Manfred erklärte uns, wie man sich richtig auf die Matte legt, um nach Möglichkeit die beste Position zum Schießen zu haben. Im Schnitt ist der Körper dabei zwischen 50-90 Grad in Richtung Scheibe “verdreht” und die Waffe wird in die Schulter gepresst, der andere Arm stützt den Körper und den vorderen Teil der Waffe. Ein Kleinkalibergewehr, nicht schwerer als ca. 4,5 kg, welches bei der Überwindung von 500 g am “Hahn” den Schuss abgibt. Es soll nach Möglichkeit nur der Zeigefinger bei der Schussabgabe eine Bewegung ausführen, danach wird zurück repetiert, die leere Patronenhülse wird aus dem Lauf geschleudert (manchmal mit sichtbarerer Rauchspur) und die nächste Patrone wird für einen weiteren Schuss hinterher geschoben.
Nach dieser kleinen “Waffenkunde” legten wir uns für Probeschüsse auf die Matte und versuchten alles so zu berücksichtigen, wie man es uns erklärt hatte. Nachdem sowohl die Schüsse “trocken”, also ohne Munition, als auch “scharf” das jeweilige Ziel erreichten – und einige von uns schossen wirklich sehr gut – bekamen wir das “go” für einen kleinen Wettkampf. In drei Gruppen je drei “Biathletinnen” und mit den für einen solchen Anlass erforderlichen Wettkampfleibchen ausgerüstet gingen die Startläuferinnen ohne Waffe an den Start auf eine ca. 650 m lange Strecke. Und denjenigen unter Euch, die jetzt mit einem Lächeln im Gesicht da sitzen und sich denken “nur 650 m” denen sei versichert, dass diese Strecke in 880 m Höhe, davon ca. 60 Prozent nur bergan, völlig ausreichend war, um auch die Besten unserer Läuferinnen ins Schwitzen zu bringen. Natürlich waren wir alle so gut trainiert, dass keine von uns in die Schnappatmung verfallen ist. Nach der ersten Laufrunde kam es zum ersten Schießen und hier trennte sich die Spreu vom Weizen. Tja der Puls, der Puls! Es war schon ein witziger Anblick, wie so eine Waffe trotz aller Bemühungen ruhig zu atmen, wackeln kann und wie lange man braucht, um halbwegs eine Position eingenommen zu haben, die einen die “kleinen Schwarzen” hat treffen lassen. Hinlegen und atmen, anlegen, zielen, möglichst nicht mehr atmen, Schuss abgeben, es darf wieder geatmet werden, repetieren, Hülse kommt aus dem Lauf, nachladen, nächster Schuss… Für nicht getroffene Scheiben durften 30 m Strafrunden gelaufen werden und erst dann ging es zur zweiten Runde weiter. Wie im “richtigen” Biathlon mussten 3 Runden gelaufen und zwischen den Runden mit je 5 Schuss geschossen werden. Wir ersparten uns jedoch den “stehenden Anschlag” und führten das Schießen beide Male in der liegenden Position aus. Man erlaubte uns dabei, auch im liegenden Anschlag auf die etwas größeren Scheiben zu zielen, die im stehenden Anschlag verwendet werden, da hier das Trefferfeld größer war. Zu einem “Showdown” auf der Strecke kam es leider nicht. Aufgrund der guten Schießergebnisse waren die Positionen um die Plätze relativ früh klar. Und getreu dem PLC-Motto “Laufen aus Freude” verhielten wir uns auch bei diesem Wettkampf.
Der Nachmittag wurde zum Cooldown ausgerufen. Frisch geduscht und gut gestärkt brachen sieben von uns zu einer kleinen Wanderung auf. Zwei von uns nahmen das Mountainbike, um die Gegend zu erkunden. Auch hier führten uns die Wege bergab/bergan zu einer netten Gasthütte, schließlich muss man ein Ziel haben und sich mit Kaffee und Kuchen belohnen. Den Abend ließen wir alle relativ ruhig ausklingen. Nach dem Essen mit anschließendem Spaziergang – bergab/bergan – gingen einige von uns noch in die Sauna, andere zogen es vor, vor dem Kamin zu relaxen und gaben sich dem Würfelspielen hin.
Nach einem weiteren gemeinsamen Frühstück am Sonntag löste sich unsere kleine Gemeinschaft auf. Einige zog es noch einmal an die frische Luft zum Wandern und Mountainbiken, andere fuhren nach Dresden, sahen sich die Innenstadt an und genossen die berühmte Eierschecke.
Es war ein sehr schönes und abwechslungsreiches Wochenende und wir können beim nächsten Biathlon, den wir uns im Fernsehen ansehen, richtig mit den Athleten mitfühlen. Wir wissen jetzt so ungefähr, wie es ist, nach Anstiegen und Abfahrten noch eine so ruhige Hand zu haben, dass diese mit der Waffe möglichst schnell und zielgenau die kleinen schwarzen Punkte in weiße verwandelt.
Wer zur Abwechslung sein Training mal anders gestalten will oder einfach nur Lust verspürt, Biathlon auszuprobieren, dem kann ich ein solches Wochenende nur empfehlen.
In diesem Sinne, sportliche Grüße von Katleen
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