Mein erster (Rennsteig-) Ultra
Eisenach 21.05.2011 5.50 h am Start zum Rennsteig-Supermarathon. Links von mir Baumi, er läuft immer links und heute erst mal auch im PLC-Shirt. “Silke meine Kleine, wir machen heute nen ganz ruhigen!” Über uns der Hubschrauber und die Massen singen das Rennsteiglied. Außer ich. Mir schlottern die Knie, ich habe Rücken, ich habe Kopf, mir ist übel. Was würde ich jetzt dafür geben auf dem Absatz kehrt machen zu können. Hab ich mir zu viel zugetraut, den Mund zu voll genommen? Bis Grenzadler (55 km) will ich es schaffen. Alle wirklich alle kamen mir mit dem Spruch: “Och Du schaffst auch alles!” Ich selbst Zweifel am meisten. Wir haben bestes Laufwetter, wie immer.
Der Startschuss fällt, es geht los. Nun gibt es keine Ausreden mehr Es geht kurz durch die Altstadt, dann scharf links und steil auf Kopfsteinpflaster bergan. Die Meute geht, wir auch man kommt auch nicht vorbei. Oben wird der Weg ganz schmal und nun staut es sich auch noch. Bei km 3 sind wir schon ca. 100 m über Eisenach und haben von dort oben einen tollen Blick auf die unter uns liegende Stadt. Nun geht es weiter auf gut zu laufenden Wegen über Wiesen und durch den Wald. Die Vöglein singen Lieder. Es geht mal leicht hoch oder runter. Es läuft sich phantastisch. Im Kopf hab ich das Höhenprofil aus dem Internet. Ging das nicht 25 km nur bergan? Ne so ist es nicht. Die steileren Passagen werden gegangen, machen alle so um Kraft zu sparen. Und so muss auch uns das nicht peinlich sein. Baumi unterhält die ganze Meute um uns herum und da er MP3 Stöpsel im Ohr hat, auch etwas lauter, und da wir die gleichen Shirts tragen, sieht jeder, dass ich dazu gehöre. Es ist toll. Die Kilometer schnurpseln sich so hin. Bergan zieht Baumi und ich muss ihn etwas bremsen, runter ist es andersrum. Da sind wir schon bei km 20. Baumi: nur noch 53 dreiundsiebzigstel oder so ähnlich. Nun wird es steiler. Alle sind noch gut drauf. Beim hoch steigen wird lustig geplaudert. Noch mal steil runter und steil wieder hoch, da sind wir auch auf dem Inselsberg. Das Stück wovor ich am meisten Schiss hatte, Luftsprung gemacht, nix tut weh und ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich schon 25 km gelaufen bin.
Die Schuhe noch mal fester geschnürt, denn jetzt geht es auf Asphalt sehr steil bergab. Zu steil für mein Geschmack. Jetzt nur nicht ins trudeln kommen. Danach grinst uns schon die 30 an. Nun geht es leicht bergan und bergab. Bei km 36,7 geht es runter zur Ebertswiese. Hier ist ein großer VP mit Musi und Rumtata. Wir haben die Hälfte geschafft! Ich brauche jetzt etwas mehr, obwohl wir an jedem VP schon gut zu uns genommen haben, vor allem Schleim!! Hier ist er besonders eklig, dick, pampig und klumpig dafür mit Brombeergeschmack und lauwarm. Da ist das herunterwürgen nicht ganz so schwer.. Es geht weiter jetzt aber z.T. steiler bergan und bergab. Baumi links neben mir ist nun ganz ruhig geworden. Ihn plagt ein Krampf im Oberschenkel, daher wird bergan nun immer gegangen. Ich warte noch auf den Mann mit dem großen Hammer. Wir sind bei km 40 und der kommt immer noch nicht. Mir geht es erschreckend gut. Wir nehmen jeden VP mit und nehmen auf was rein passt. Die Strecke ist nun wieder etwas flacher und ziiieht sich. Baumis Oberschenkelkrampf hat sich trotz Magnesium lediglich von vorn nach hinten verlagert. In meinem Kopf dreht sich alles um Etappenziel Grenzadler. Laufe ich weiter? Ich habe noch immer keinerlei Zipperlein aber ich habe keine Lust mehr! Eigentlich würde ich in Oberhof gern aufhören. Reicht ja auch. Dann kommt mir die Gewissheit, das es heute mein vermutlich letzter Lauf sein wird, auf den ich mich mit einem Trainingsplan von Marko vorbereiten konnte. Dir sei an dieser Stelle einmal gedankt. Du hast es immer geschafft, mich auf den Tag genau gut fit zu machen. Ich bin immer gut angekommen. So, und das werde ich heute auch! Endlich Grenzadler.
Baumi gibt mir unsere Zwischenzeit. Wir sind jetzt genau 6 Std. unterwegs. Nach 6 Std. Fahrrad fahren durch die Berge wäre ich tot. Jetzt beginnt das Rechnen. Es sind von hier bis zum Ziel noch 18 km und es geht zum großen Barberg noch mal richtig hoch, aber danach angeblich nur noch runter. Sylvia hat mir gestern Abend Ihre SM-Zeit von 8.09 Std. genannt und diese sei zu schlagen. Da beisst mich doch glatt der Ehrgeiz. Ne nicht mehr nur ankommen. Wenn ich mich ein bisschen ran halte und bergab noch mal zulegen kann, ist das zu schaffen. Also geht es weiter. Gleich hinterm Grenzadler hoch (Trainingslagerberg) vorbei am Rondel über die Brücke wieder in den Wald. Jetzt geht es stetig bergan. Es wird richtig anstrengend und auch Baumi quält sich. Endlich ober am höchsten Punkt. Nun geht es nur noch abwärts, dachte ich. Es geht schon wieder hoch, wieso das, ich denke jetzt geht es nur noch runter? Wir gehen wieder. Das steile Stück liegt hinter uns und man kann wieder laufen. Es geht weiter leicht aber stetig bergan. Unter normalen Umständen kein Problem, aber nach über 60 km schon. Baumi kann nicht mehr. Er merkt natürlich das ich hippelig bin und gern weiter möchte: “Lauf meine Kleine, wir sehen uns gleich im Ziel”. Wir trennen uns also und ich muss ohne meinen Begleiter weiter ziehen.
Km 65 jetzt heißt es die letzten Reserven zu mobilisieren. In Schmücke noch mal Schleim geschlabbert. Inzwischen sind dunkle Wolken aufgezogen. Es blitzt und donnert. Das wird doch wohl nicht noch….? Kaum zu ende gedacht, fallen die ersten fetten Tropfen. Und da fängt es auch schon an zu schütten. Nun wird der Rest der Strecke auch noch zur Schlammschlacht. Am letzten Getränkepunkt laufe ich vorbei, es gießt in Strömen. Ich müsste doch längst bei km 70 sein. Noch nie habe ich ein km-Schild so sehr herbei ersehnt wie diese verdammte 70. Links um die Kurve und da war sie Endlich, die 70. Gleich habe ich es geschafft, ich kann Schmiedefeld schon hören. Es geht bergab und ich glaube mir wachsen Flügel. Der Regen hat nun wieder aufgehört.
Zwischen km 71 und 72 kommt noch mal ein kleiner Hügel, über den ich auch drüber fliege. Die letzten Meter kann ich dann fast schon wieder genießen und falle irgendwie und glücklich nach 8.01 Std. ins Ziel. Baumi kommt einige Minuten später.
Danke mein Held!
War er das jetzt, mein Zenit? Auf jeden Fall war es schön, aber eindeutig zu lang.
Silke
Weiterführende Links:
Lauftreff 2000
PLC Halbmarathon-Ergebnisse:
hier und hier
PLC Marathon-Ergebnisse
PLC Super-Marathon-Ergebnisse
Fotos